Bergwanderwoche im Oberengadin vom 24.08.2019 bis 31.08.2019
Für den Singkreis unserer Sektion war im August eine Wanderwoche im schweizerischen Oberengadin in angesagt. La Punt, der auf 1.700 m gelegene Ort, ist ein idealer Ausgangspunkt für teilweise recht anspruchsvolle Bergwanderungen im landschaftlich so reizvollen rätoromanischen Teil der Eidgenossenschaft.
Das Gruppenhaus Rudigier, schon seit Jahren – sommers wie winters – unserer Sektion bekannt, war für die Singkreisler eine ausgezeichnete Herberge.
Trotz bescheidener Wetterprognosen konnten wir doch die Bergwelt bei strahlendem Sonnenschein genießen. Dabei galt es, aus dem von Organisator und Wanderleiter Walter Hebling zusammen gestellten Tourenangebot, das für einen dreiwöchigen Aufenthalt ausgereicht hätte, die Rosinen herauszupicken.
Schon auf der Hinfahrt wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch den Besuch von Bergün und der Überquerung des Albula-Passes ein Erlebnis.
Ebenso ging es von Pontresina, als Eingehtour, über den traumhaften Staz-See ins mondäne St. Moritz, dessen alter Kirchturm schiefer steht als sein weltberühmter Vetter in Pisa. Über die Bob-Bahn der Olympischen Winterspiele 1928 und 1948 ging es zurück zum Ausgangspunkt.
Von Murtèl, der Mittelstation der Bergbahn auf den Piz Corwatsch, ging es anderntags zur Fuorcla Surley auf 2755m. Von dort genossen wir den Blick ins Roseg-Tal sowie auf die fast Viertausender Piz Morteratsch und Piz Roseg. Der Biancograt am Piz Bernina beeindruckt immer noch durch seine geschwungene Schärfe. Doch auch er hat – wie die Gletscher im Roseg-Tal – infolge des Klimawandels deutlich an Mächtigkeit und damit auch an weißer Pracht eingebüßt. Weiter ging’s in ständigem Auf und Ab zur Bergstation der Furtschella-Bahn, die uns zum stark „(Kite-) besurften“ Silvaplana-See hinabtrug. Diesem entlang führte der Weg zurück zur Talstation der Corwatsch-Bahn. Mehr als 23.000 Schritte zeigte die Bewegungs-App auf dem Smartphone für diese Tour an.
Der nächste Tag bestand in einem Abstecher ins italienisch-sprachige Bergell. Von Casaricc stiegen wir steil hinauf nach Roticcio und wanderten von dort – mit herrlichen Ausblicken und immerfort querenden Wasserläufen – auf dem Höhenweg nach Soglio, dem kastaniengesäumten Sonnenbalkon vor der Kulisse der Bergeller Berge.
Der Morteratschgletscher und seine Zuflüsse sowie der Blick auf Diavolezza, Piz Bernina und Piz Palü, im „Festsaal der Alpen“, waren die optischen Attraktionen der Tour, die von der Bahnstation Morteratsch aus zur Boval-Hütte auf knapp 2.500 m unternommen wurde.
Weniger anstrengende, aber gleichwohl landschaftlich reizvolle Touren führten das den Skilangläufern bekannte Val Fex, sowie den der Region ihren Namen gebenden Inn (rätoromanisch En) entlang. Ein neu angelegter Märchenweg begleitete uns vom schmucken Dörfchen Bever zur Alp Spinas; beim Vorlesen und Rezitieren der Geschichten und Gedichte wurden Kindheitserinnerungen wach.
Eine weitere Tour, die vom Haus aus gestartet wurde, ging über das Dorf Madulein, dann auf dem Via Engiadina-Wanderweg über den Ort Zuoz nach Schanf. Dabei wurden die guterhaltenen Engadiner Häuser bewundert. Den Inn querend verlief der Wanderweg auf der gegenüberliegenden Seite zurück.
Bei einem abendlichen Sgraffito-Spaziergang im La Punter Ortsteil Chamuesch ließen wir uns vom reformierten Pfarrer über diese Kratzgemälde und die in der gleichen Technik hergestellten Spruchweisheiten in rätoromanischer Sprache informieren, die an den Großteiles aus dem 17. Jahrhundert stammenden Engadiner Wohnhäusern angebracht sind. Hierbei erfuhr man viel über die oft von Heimweh geprägte, jedenfalls eher melancholische Engadiner Mentalität und die Besonderheiten des rätoromanischen Idioms, das – zum Stolz der Einheimischen – als einzige romanische Sprache über das „Ö“ und das „Ü“ verfügt.
Auf dem Rückweg in die Heimat ging mit dem Besuch des Städtchens Scuol im Unterengadin, der Überquerung des Flüela-Passes und der Fahrt entlang von Walensee und Zürichsee eine Bergwanderwoche zu Ende, die – dank der abendlichen Kochkünste der Gruppenteilnehmer – auch kulinarisch keine Wünsche offen ließ.
Heiner Bernhard